#130 Der internationale Tag der Gebärdensprache

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#130 Der internationale Tag der Gebärdensprache
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Hast du schon einmal gesehen, wie Menschen „mit den Händen sprechen“? Für Millionen von gehörlosen und schwerhörigen Menschen auf der ganzen Welt ist das Alltag – denn sie benutzen Gebärdensprache. Am 23. September feiern wir den Internationalen Tag der Gebärdensprache. An diesem Tag geht es nicht nur um Hände und Zeichen – sondern um Sprache, Identität und Gleichberechtigung. Aber was genau ist Gebärdensprache? Gibt es nur eine? Und was kannst du als Deutschlernender vielleicht sogar von ihr lernen?

Der Internationale Tag der Gebärdensprache wurde im Jahr 2017 von den Vereinten Nationen (UNO) ins Leben gerufen. Genauer gesagt, hat die UN-Generalversammlung diesen Tag offiziell festgelegt. Das Datum ist kein Zufall:

An diesem Tag wurde im Jahr 1951 der Weltverband der Gehörlosen (World Federation of the Deaf, WFD) gegründet. Der Verband setzt sich seit Jahrzehnten für die Rechte gehörloser Menschen ein – besonders für die Anerkennung und den Schutz von Gebärdensprachen weltweit. Der Tag soll darauf aufmerksam machen, dass Gebärdensprachen vollwertige Sprachen sind – mit eigener Grammatik, Kultur und Geschichte. Gleichzeitig kämpft der Tag gegen Diskriminierung und Ausgrenzung und setzt sich für sprachliche Gleichberechtigung ein.

Die Geschichte der Gebärdensprache ist eng mit dem gesellschaftlichen Umgang mit Gehörlosigkeit verknüpft – und dieser war lange Zeit von Ausgrenzung und Missverständnissen geprägt. Schon in der Antike gab es Berichte über Menschen, die sich mit Gesten verständigten, doch oft wurden Gehörlose als „bildungsunfähig“ betrachtet. Erst im 18. Jahrhundert kam es zu einem Wendepunkt: In Frankreich gründete der Geistliche Abbé de l’Épée eine Schule, in der gehörlose Kinder mit einer systematisierten Gebärdensprache unterrichtet wurden. Diese Schule legte den Grundstein für viele nationale Gebärdensprachen, die sich in den folgenden Jahrhunderten weiterentwickelten.

Doch der Fortschritt wurde gebremst: Auf dem Mailänder Kongress von 1880 beschlossen Pädagogen mehrheitlich, die Gebärdensprache aus dem Unterricht zu verbannen und ausschließlich auf Lautsprache und Lippenlesen zu setzen. Dies führte dazu, dass viele Gehörlose über Jahrzehnte hinweg ihre eigene Sprache nicht nutzen durften – mit gravierenden Folgen für Bildung und Teilhabe. Erst im späten 20. Jahrhundert wurde die Bedeutung der Gebärdensprache wieder anerkannt. Heute gilt sie in vielen Ländern offiziell als eigenständige Sprache. Sie hat ihre eigene Grammatik, ihre eigene Kultur und Identität.

Sie hat eine eigene Grammatik, eine eigene Struktur und oft auch regionale Dialekte – ganz ähnlich wie gesprochene Sprachen. Zum Beispiel unterscheidet sich die Deutsche Gebärdensprache (DGS) stark von der Amerikanischen Gebärdensprache (ASL) oder der Britischen (BSL) – obwohl alle Länder Englisch oder Deutsch sprechen, sind die Gebärdensprachen völlig verschieden.

In der Gebärdensprache wird nicht nur mit den Händen, sondern auch mit Mimik, Körperhaltung und Bewegung kommuniziert. All diese Elemente tragen zur Bedeutung bei – das macht Gebärdensprache besonders lebendig und visuell.

Seit den 1980er- und 1990er-Jahren wird sie auch offiziell in vielen Ländern als Sprache anerkannt – in Deutschland seit dem Behindertengleichstellungsgesetz von 2002.

Gebärdensprache ist also keine „vereinfachte Zeichensprache“, sondern eine gleichwertige Sprache, mit der man alles ausdrücken kann – von Alltagsgesprächen bis zu Poesie oder politischer Diskussion.

Hier kommen drei lustige Beispiele, die in den verschiedenen Sprachen verschiedene Bedeutungen haben und somit, wie in anderen Sprachen auch, zu Verwirrung oder Schmunzeln führen können.

Nummer Eins, „You are beautiful“ (Du bist schön) ist in ASL eine bestimmte Bewegung, aber in der Italienischen Gebärdensprache (LIS) sieht dieses Zeichen fast gleich aus – und bedeutet dort: „Du stinkst“! Ein gut gemeintes Kompliment kann also schnell nach hinten losgehen.

Beispiel Zwei: Die Geste für „Hallo“ in der Deutschen Gebärdensprache ist eine einfache Handbewegung an der Stirn. In der Japanischen Gebärdensprache sieht eine ähnliche Bewegung aus wie ein militärischer Gruß – und kann dort sehr förmlich oder streng wirken.

Und Nummer Drei: Das Zeichen für „Schwester“ in der Britischen Gebärdensprache (BSL) bedeutet in der Chinesischen Gebärdensprache so viel wie „Kuh“. Da kann man sich vorstellen, dass ein Satz wie „Ich liebe meine Schwester“ ziemlich seltsame Blicke erzeugt

Findet ihr, dass Gebärdensprache an Schulen unterrichtet werden sollte? Nur als kleiner Denkanstoß: Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leben weltweit etwa 430 Millionen Menschen mit einer “beeinträchtigenden Hörminderung”. Davon sind etwa 70 Millionen taub oder stark hörgeschädigt – also Menschen, die sich oft hauptsächlich in Gebärdensprache verständigen.

Die WHO geht davon aus, dass diese Zahl bis 2050 auf 700 Millionen ansteigen wird – u. a. durch demografischen Wandel, Lärm und unbehandelte Infektionen. Hier in Deutschland leben laut Schätzungen etwa 80.000 bis 100.000 Gehörlose, aber mehr als 16 Millionen Menschen haben irgendeine Form von Hörverlust. Viele davon tragen Hörgeräte oder Cochlea-Implantate – doch nicht alle nutzen Gebärdensprache. Dank dem Engagement von Gehörlosenorganisationen und Aktivist:innen wird Gebärdensprache zunehmend sichtbar – in den Medien, im Bildungsbereich und im öffentlichen Leben. Trotzdem bleibt noch viel zu tun, um echte Barrierefreiheit und Gleichberechtigung zu erreichen. Der Internationale Tag der Gebärdensprache erinnert uns jedes Jahr daran, wie wichtig Kommunikation, Vielfalt und Inklusion sind. Gebärdensprache ist eine echte Sprache – mit eigener Grammatik, Geschichte und Kultur. Sie ermöglicht Millionen von Menschen weltweit, sich auszudrücken und verstanden zu werden. Wenn wir sie anerkennen und fördern, machen wir unsere Gesellschaft offener, gerechter und menschlicher.

Schön, dass du heute etwas über die Gebärdensprache gelernt hast! Vielleicht hast du Lust bekommen, noch mehr über dieses spannende Thema zu erfahren – oder sogar ein paar Zeichen zu lernen? Jede neue Sprache öffnet Türen – auch die mit den Händen.

Bleib neugierig und lernfreudig – wir sehen uns beim nächsten Mal!

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